Irgendwie drängt es uns nach der absolut stillen Nacht wieder raus. Nach dem kräftigende Frühstück mit Rührei und Speck verlassen wir die Bucht, um uns in Geraka im Norden von Alonnisos nochmal zu versorgen, so der Plan. Draußen weht der Wind jedoch im krassen Unterschied zur Wettervorhersage von Vorgestern für einen anderen Kurs, wir können leicht Kurs 330 Grad anliegen, das ist der Kurs auf Khersonisos Kassandra, den ersten Zinken von „Poseidons Dreizack“, allgemein auch die Chalkidiki genannt. „Na dann“, die Wettervorhersage für die nächsten Tage ist eher schlechter und spontan gehen wir auf nördlichen Kurs. Die kürzeste Distanz (Sporaden – Chalkidiki) beträgt 35 Seemeilen, als wir abends am Kap Kassandra vor einer schönen Stadt-Strand-Kulisse vor Anker gehen, zeigt die Logge 60 sm. Zum Einen, weil wir schon die Hälfte der Halbinsel abgesegelt sind, zum Anderen, weil wir einen Teil der Strecke aufkreuzen mussten. Die sanft gekrümmte Bucht ist zwar nach Süden völlig offen, dennoch entsteht bei den heftigen nächtlichen Gewittern kein Schwell, CALYPSO liegt sicher und ruhig. Nur in der „heißen Phase“, als die Blitzeinschläge recht nah erscheinen, lassen wir zur Vorsicht die Maschine laufen und packen sämtliche mobile Elektronik in den Backofen!
In den nächsten Tagen lernen wir die Ostseite des Thermaischen Golfes kennen. Im Unterschied zum Süden erscheint es hier erheblich grüner zu sein und hie und da sind größere bestellte Agrarflächen zu erkennen. Für Segler ist der Norden hingegen weniger komfortabel. Es gibt zwar ausreichend Häfen, aber leider häufig zu flach, voll mit Fischern und lokalen Booten und meist ohne Infrastruktur und Organisation, dafür aber kostenfrei, sollte man einen Platz ergattern. Wir laufen in Kallikratea ein und erst nach einem längeren Disput mit den Anglern machen diese den Kai frei zum Anlegen. Hier können wir zum ersten Mal die Weinanbauflächen neben anderen Agrarflächen ausmachen. Wasser und Strom gibts am Kai.
Das nächste Ziel sollte Nea Michaniona sein, immerhin ein 10.000 Einwohner Städtchen, dem ich zutraue eine geeignete Infrastruktur zu besitzen, damit wir hier einen schönen Abend verleben können, es ist unser Hochzeitstag. Der Hafen ist dann auch von beeindruckender Größe und es liegen die großen Fischerboote schon teilweise im Päckchen. Nach dem Anlegen mache ich einen kurzen Rundgang und wiederholt bleibt festzustellen, dass seitens der Gemeindeverwaltung mehr für Sportbootfahrer getan werden könnte, hier wäre genug Platz, insbesondere auch, weil der Thermaische Golf mit seinen schönen langen Sandstränden keine geschützte Ankerbuchten aufweist. Ich fühle mich hier nicht wohl und es riecht wohl ob der nahen Fischhalle auch nicht besonders lecker. Wir legen wieder ab, denn als letzte Alternative habe ich noch den kleinen Hafen von Aggelakori in der Hinterhand. Auch hier jedoch das gleiche Bild, keine Chance auf einen Liegeplatz und keine Infrastruktur. Enttäuscht fahren wir schließlich nach Thessaloniki weiter, um wenigsten Gestaltungsmöglichkeiten für den Abend zu haben. Die Marina Aretsou liegt im Stadtteil Kallmaria. Vor dem und während des Einlaufens versuche ich über UKW Kontakt mit dem Hafenmeister oder der Coast Guard aufzunehmen, vergeblich. Also suchen wir uns einen passenden Platz und gerade als wir mit dem Anlegemanöver beginnen wollen, kommt der Marinero und weist uns einen anderen Platz zu. Die Mooringleinen sind an Bojen fixiert und beim Rückwärtsfahren aufzunehmen, der Marinero reicht sie uns an und ist danach schon wieder verschwunden. Die Liegeplätze besitzen eine üppige Breite und sind mit funktionierenden Wasser- und Stromanschlüssen ausgestattet Wir bezahlen 18,80€ für die Nacht + Bereitstellung von Wasser + Verbrauch von Wasser + Bereitstellung von Strom + Verbrauch von Strom + Touristensteuer also deutlich mehr als Zwanzig Euro ohne vernünftige Sanitäranlagen (es gibt für Damen und Herren jeweils eine Toilette und eine ungepflegte Dusche). Nun den, es gibt einiges zu tun an Bord und jetzt haben wir quasi einen Tag gewonnen.
Am Abend geht es in eine Bierbar, das erste Gruppenspiel der Fußball-Nationalmannschaft steht an, gegen Mexiko 0-1, enttäuschend und dann sollen wir für zwei gezapfte halbe Liter noch 14 € bezahlen – Wucherwirt, wir sind sauer (vorher fragen oder die Preisliste anschauen hätte geholfen)!
Im weiteren Verlauf des Abends finden wir zufällig ein kleines Fischlokal in der zweiten Reihe, dessen Wirt sich das Spiel Brasilien gegen die Schweiz auf dem PC anschaut. Erfreut über Gäste (wir sind den gesamten Abend die einzigen) fordert er uns auf, mit ihm die Küche aufzusuchen, hier öffnet er den Kühlschrank und zeigt uns seine frische Ware. Wir wählen einen „schönen“ Fisch, bestellen einige Vorspeisen, die dann frisch zubereitet werden. Der Fisch wird angebraten und im Rohr gegart. Die Wahl war die richtige, der Fisch mit vielen Kräutern gewürzt schmeckt hervorragend.
Hallo ihr zwei
Inzwischen ist die Fussball-WM vorbei und ein paar Tagen sind wir hoffentlich dann endlich an Bord. Im Nachhinein noch herzlichen Glückwunsch zum Hochzeitstag. Und auf dem Gipfel des Olymp wart ihr ja anscheinend auch noch inzwischen.
Wir freuen uns sehr und sind sehr gespannt!
Liebe Grüsse vom schwäbischen ans Mittelmeer
Sybillen und Traugott